Haushalt 2004

Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Haushalt 2004 (Erwiderung auf die Haushaltsrede von Bürgermeister Hieber) Gestern standen wir am Rande des Abgrundes. Heute sind wir einen Schritt weiter. Allgemein Herr Hieber hat nach meinem subjektiven Empfinden seiner geringen Wertschätzung der Bundes- und Landespolitik freien Lauf gelassen. Er hat Sätze zitiert, die ich für billige Polemik halte. Das ist alles sein gutes Recht. Genauso muss aber dann darauf hingewiesen werden: Sulzer Verwaltung und Gemeinderat sind nicht etwa ahnungslose Opfer einer dilettantischen Politik in Stuttgart und Berlin. Sie sind vielmehr Teil des Problems.
  • Erstens haben wir in den vergangenen zwanzig Jahren lustig über unsere Verhältnisse gelebt und eine weit über Landesschnitt liegende Verschuldung aufgehäuft.
  • Zweitens haben wir uns aus dem Steuerertrag anderer, erfolgreicherer Gemeinden bedient und haben andererseits umgekehrt alles getan, um ja selbst keine Steuern zahlen zu müssen. Diese Einstellung macht solange Sinn, wie die anderen es nicht merken.
  • Drittens haben auch Verwaltung und GR in Sulz schwere politische Fehler begangen, die zur Verschärfung des Problems beigetragen haben. Ich erinnere nur an spektakuläre Kostenüberschreitungen bei Bauprojekten und beim Hochwasserschutz, Fehlabrechnungen im Abwasserbereich, den Konflikt über die Bebaubarkeit von Kastell III etc etc. Und während wir uns über Kleckerlesbeträge den Kopf zerbrechen, hat die Verwaltung Bürgschaften in sechsstelliger Höhe übernommen, von denen im ganzen GR bislang niemand etwas wusste.
  • Übrigens machen alle Menschen Fehler. Kein Grund also, arrogant zu sein.
Deregulierung als Wirtschaftsstimulans (Zeitpuffer, siehe Anhang) Stellungnahme Gewerbesteuer Die Präsidentin des Deutschen Städtetages, Petra Roth, OB Ffm, CDU, appelliert dringend an den Bundesrat, der Ausweitung der Besteuerungsgrundlagen bei der Gewerbesteuer zuzustimmen . Herr Hieber ist hingegen für völlige Abschaffung. Jeder, der so etwas sagt, muss sich fragen lassen, ob er dann dennoch für Gewerbeansiedlung genug unternimmt. Denn die brauchen wir. Genausogut kann man Gegenargumente ins Feld führen:
  • Um die Gewerbesteuer zu ersetzen, muss ein Zuschlag auf die Einkommensteuer erhoben werden.
  • Dieser Zuschlag muss notgedrungen in einer Stadt höher ausfallen als im Umland. Ein solcher Zuschlag beschleunigt also nur die Flucht aus der Stadt. (Alternative: schon wieder ein Umverteilungstopf auf Landes- oder Bundesebene)
  • Dimension für Sulz, geschätzt, Basis 1,5 Mio Gewerbesteuer, 5000 Haushalte x 1,5 Verdiener / Haushalt: 200 Euro im Jahr mehr – ganz schlecht für die Nachfrage.
Die Lage der Stadt, so wie sie sich im Haushaltsentwurf abbildet Wie wir uns seit vielen Jahren finanzieren, habe ich oben dargestellt und in vielen Haushaltsreden seit Anfang der neunziger Jahre moniert.Wir erwirtschaften selbst nur ca 60 % von dem, was wir brauchen. In all den Jahren hat die Verwaltung sich nicht in der Lage gesehen, die Betriebsansiedelungen auf Kastell im Hinblick auf ihren Gewerbesteuerertrag zu überprüfen. Und jetzt haben wir es schriftlich: Auch die vielen, hoffentlich gutverdienenden Neubürger in unseren Baugebieten haben den Abwärtstrend nicht gestoppt. Zwischen hier und der Schweizer Grenze gibt es in der ganzen Region SBH drei (3!) Gemeinden, deren Steuerkraftsummme je Einwohner in der Zeit von 1991- 2001 zurückgegangen ist: Rottweil, Schiltach und Sulz. Wahrlich kein Ausweis einer überaus erfolgreichen Politik. Ein neues Leitbild Unsere o.a. strategische Schwäche erlaubt uns nicht, auf den Wirtschaftsaufschwung zu hoffen, der dann unsere Probleme löst. In jüngster Zeit haben Wissenschaftler endlich angefangen, den "Abschied vom Wachstum" und "die schrumpfende Stadt" zum Gegenstand ihrer Forschungen zu machen. Wandel ohne Wachstum, gelenktes Schrumpfen, das klingt furchtbar und ist es auch. Ich kann nicht finden, dass bislang viel Berauschendes auf dem Tisch liegt. In Einem aber sind sich alle einig: es geht nicht ohne Leitbild, ohne programmatischen Schwerpunkt. Insbesondere englische Beispiele zeigen, dass die Konzentration einer ganzen Stadt zum Beispiel auf Telekommunikation oder als Forschungszentrum oder als Dienstleistungsmittelpunkt zum Erfolg führen kann. Nach Lage der Dinge kann sich Sulz, wenn es überleben soll, nur zum Schulstandort erklären und den Schulstandort zum Bildungsstandort ausbauen. Das bedeutet nicht nur Erhalt und Ausbau des Bestehenden sondern auch den Versuch, neue Bildungseinrichtungen hierher zu holen, wie z.B. BA, FH, überbetriebliche Ausbildungsstätten, Einrichtungen der Erwachsenenbildung. Der Backsteinbau verlangt geradezu danach, mit einem Ko- Investor die horrenden Kosten zu schultern. Stellungnahme zu einzelnen Kapiteln Realschule Unter dem o.a. Gesichtspunkt ist völlig klar, dass die SPD- Fraktion einer weiteren Verschleppung der Realschulerweiterung nicht zustimmen kann. Lange bevor eine endgültig befriedigende Steuerschätzung kommt, im April nämlich, muss der Rektor der Realschule über Aufnahme oder Abweisung der neuen Fünftklässler entscheiden. Das heißt, die Entscheidung über den Schulstandort Sulz liegt nicht mehr in unserer, sondern in der Hand eines Schulleiters, der in erster Linie für das Wohl seiner Schule verantwortlich ist, nicht für irgendwelche gesamt-Sulzer Überlebenskonzepte. Eine Abweisung von Neuzugängen aus Empfingen und dem Glatttal hätte ab sofort zur Folge, dass weniger Menschen zum Lernen, Geldverdienen und Geldausgeben nach Sulz kommen. Langfristig wäre das Lockerung von bestehenden Bindungen und eine schädliche Umleitung von Verkehrsströmen, die alle Bemühungen um Wirtschaftsförderung und City- Management zunichte machen kann. Ganztagesbetreuung Erweiterung und Ganztagesbetreuung sind inhaltlich streng zu trennen. Die RS braucht diese Erweiterung schlicht, um ihre pädagogischen und – vor allem – die didaktischen Anforderungen des neuen Bildungsplans umzusetzen. PISA hat auch mit den Gegebenheiten zu tun, unter denen Lehrer unterrichten müssen. Was nun die ganztägige Betreuung auch in den anderen Schulen angeht, so empfiehlt die SPD- Fraktion für Sulz (!) Zurückhaltung. Die überraschend fehlende Nachfrage nach Ganztagesangeboten in Kindergärten sollte hier zu denken geben. U.E. wären erst einmal Raumverhältnisse im Gymnasium daraufhin zu untersuchen, ob mit einer Vergrößerung des Küchenbereichs und einer Ausweitung der Essgelegenheiten in Richtung Aula nicht das Problem eher zu lösen wäre als mit dem Kauf und Umbau eines weiteren Gebäudes mit enormen Unterhaltungskosten. Marktplatz und Innenstadt Herr Walter als neuer Hauptamtsleiter hat seit seiner Amtseinführung das SPD- Programm in Teilen zügig abgearbeitet. Verknüpfung touristischer Sehenswürdigkeiten, Förderung der einheimischen Produkte, Pool für brachliegende Kapazitäten (GIPS ist ein Anfang), thematische Stadtführungen, Anpacken eines Samstagsmarkts etc. Respekt. Er hat gezeigt, was möglich ist, wenn sich einer mit Energie reinkniet. Er hat gezeigt, was möglich wäre, wenn jemand dies hauptberuflich tun könnte. Nun sind wir vom City Manager weiter denn je entfernt. Und der Haushaltsentwurf bestreitet die Ausgaben für diese wichtigen Arbeiten nicht einmal aus einem eigenen Etat, sondern aus Quellen, die jederzeit versiegen können. Unglücklicherweise hat der Kämmerer alle unsere Anregungen, wo noch Geld zu finden wäre, um einen City- Manager zu bezahlen, zum Stopfen seiner Haushaltslöcher genutzt, und der GR ist ihm hierin gefolgt. Keine gute Entscheidung, wie wir finden. Es war schon ein schweres Versäumnis, EDEKA eröffnen zu lassen, ohne dass am Marktplatz Gegenmaßnahmen eingeleitet worden wären. Wir wissen alle: Besucherströme, wenn sie sich erst einmal umorientiert haben, sind verloren. Dieses Versäumnis hat der Gemeinderat sich zuzuschreiben. Ich möchte anregen, dass wir vor der Wahl in der jetzt anstehenden Debatte über das Oberamtshaus den Bürgern sagen, ob wir den Gesetzen des Marktes in der Innenstadt ihren Lauf lassen, oder ob wir versuchen wollen, wirklich herzhaft gegenzusteuern. Dann müssen wir allerdings auch der Verwaltung die Menge Mitarbeiter geben, die sie braucht, um die Innenstadt zu retten. Wir haben dazu unsere Vorstellungen unter der Idee der "Konzentration auf die Mitte" im letzten Jahr ausführlich dargestellt. Anregungen Bürgerstiftung für Grabmalerhaltung und Salzlehrpfad Angesichts der Lage der Stadt und ihrer finanziellen Ausstattung bietet sich für den Erhalt wichtiger Kulturdenkmäler u.E. nur noch die Einrichtung einer Bürgerstiftung an. Testamente, Reste aus dem Sachbuch für haushaltsfremde Vorgänge, Überlassungen (von Erlösen, Honoraren etc) und Spenden könnten den Grundstock bilden. Dringend wäre etwas zu unternehmen, um viele Grabsteine von Sulzern, von Soldaten und von Polen auf dem Friedhof vor dem endgültigen Zerfall zu retten. Dasselbe gilt für den wirklich überzeugenden Plan eines Salzlehrpfades vom Marktplatz nach Neckarwiesen und zurück – vor allem zurück. Auch hier wäre, wie der neue HA-Leiter gezeigt hat, ein Anfang schon mit Kleinigkeiten zu machen. Wir müssen nur wollen. Wir werden am Weihnachtsmarkt einen Gedankenaustausch darüber mit der Bevölkerung beginnen. Schluss Die SPD- Fraktion wird dem Haushalt zustimmen. Sie wird in Einzelabstimmung alles ablehnen, was u.E. der Entwicklung der Stadt nicht dienlich ist. Im Juni sollen unsere Bürger über 'richtig' oder 'falsch' entscheiden. Anhang Gemeindefinanzen allgemein: Schuldzuweisungen H. Hieber Sparpaket 2004 des Landes: eine Milliarde, davon 125 Mio bei den Gemeinden zurückholen. davon 75 Mio aus den Schlüsselzuweisungen, der finanziellen Grundausstattung. SWP, 22.10.03 Deregulierung als Wirtschaftsstimulans Kein Allheilmittel, als pauschale Forderung /Problemlösung ungeeignet. Kommentierung hängt darüberhinaus stark vom Interessenstandpunkt des Betrachter ab. - Bsp Mietrecht: mehr Vertragsfreiheit, Abschaffung der mieterfreundlichen Kündigungsfristen und der Kappungsgrenze von 20% Erhöhung. Das Ganze vor dem Hintergrund, dass Steuervergünstigungen für Häuslebauer wegfallen und sozialer Wohnungsbau praktisch zum Erliegen gekommen ist. Liefert die Mieter den Vermietern aus. - Bsp. Chemie- Richtlinie) verbraucherfreundlicher Regelungsentwurf der EU- Kommision (ausgerechnet, bei deren sonst so neolib. Einstellung) für die chemische Industrie: Überprüfung auf Schädlichkeit (Krebs, Allergien) von 10.000 Stoffen. War also bislang nicht usus.Die Kommission erwartet Einsparungen bis zu 50 Mrd. Euro bis 2035 im europ. Gesundheitswesen. Macht das etwa keinen Sinn?

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